Die Pfadfindergruppe Ebreichsdorf trauert um ihren Gruppengründer Johann Koller.
Johann Koller wurde in einfachsten Verhältnissen in Bad Vöslau als 2. Kind von 3 Geschwistern geboren.
Eine frühe Prägung seines Lebens stellte die heute nur schwer vorstellbare entbehrungsreiche Nachkriegszeit dar, zumal sie seine Familie besonders hart traf.
In dieser Zeit kam er mit den Pfadfindern in Berührung. Zuerst nur skeptisch betrachtet und als „Harzbergindianer“ verspottet wurden sie ihn bald Heimat, Quelle für zahlreiche lebenslange Freundschaften, das Biotop in den man seine Jugend erlebt und die wichtigsten Schritte für sein weiteres Leben setzt.
Dort lernte er all das Kennen, das diese Bewegung so unvergleichlich wertvoll macht, wenn man das Glück hat auf Personen zu treffen die fähig sind es zu vermitteln.
Nach dem Vornamen seines Vaters Ignatz wurde er bei den Pfadfindern „Naz“ genannt, ein Spitzname, der ihm sein Leben lang bleiben wird.
Als ihn und seine Gattin Marianne das Leben nach Ebreichsdorf führte, war er auch in der Pfarre tätig. Da kam von verschiedenen Seiten die Idee auf, Pfadfinder in Ebreichsdorf zu gründen. Bei einem Treffen ging er als Gruppenführer hervor. Von diesem Augenblick an widmete er sich voll dieser Aufgabe. Es war wohl Glück aber auch seine Begeisterung, die ihn mehrere erwachsene Personen finden ließ, die unter seiner Leitung die Idee begannen umzusetzen. Mit vollem Erfolg! Innerhalb kurzer Zeit hatte Ebreichsdorf eine stattliche Pfadfinderguppe. Die finanziellen Mittel dafür wurden durch Eigeninitiative selbstverdient und zu einem nicht unwesentlichen Teil von Johann Koller (obwohl zu dieser Zeit, sein Hausbau noch lange nicht abgeschlossen war) vorfinanziert.
Wenn man -so wie der Verfasser dieser Zeilen- die Pfadfinderbewegung als Lebensbegleiter hat, stellt man sehr bald fest das innerhalb einer Gruppe alles genauso funktioniert wie im richtigen Leben auch. Streit und Missgunst gibt es überall, es überwiegt aber die Freude und Begeisterung am Gestalten des Pfadfinderlebens.
Was uns wachsen, lernen und hoffen lässt sind die außergewöhnlichen Menschen, die wir auf diesem Weg Kennenlernen. Sie ragen wie Leuchttürme aus der Masse heraus, übernehmen
Wegweiser Funktion oft für ein ganzes Leben.
Diese besonderen Menschen – Diese Wegweiser sind es die uns die Werte der Pfadfinderbewegung erfahren und erahnen lassen.
Zuerst natürlich durch das Programm, das sie vermitteln, durch die Geschichten die sie erzählen und durch die Art wie sie mit den Mitmenschen umgehen und Probleme lösen und dabei auf das Wesentliche nicht vergessen.
So ein Wegweiser war auch Hans Koller.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendwelche Pfadi-Skills gibt, zu denen er keine geniale Idee gehabt hätte wie sie leichter, spannender und lustiger zu präsentieren währen.
Brettspiele hat er erweitert und umgebaut, Geländespiele mit verkleideten Landstreichern, Räubern Schmugglern und vieles mehr veranstaltet. Das macht riesigen Spaß und dennoch ging es dabei nicht um die Belustigung an sich. Im Zentrum stand immer die Vermittlung unserer Inhalte. Den ohne das Wissen um die Natur, die Wegzeichen und die handhabe von Karte und Kompass etc… konnten die Aufgaben nicht gelöst werden. Wegweiser sein durch das Programm das man vermittelt.
Immer wieder habe ich im Rover oder Führerkreis Ihn Geschichten erzählen gehört, aus seiner Pfadfinderzeit in Bad Vöslau oder von wo auch immer. Manchmal war man schon geneigt mit leicht verdrehten Augen den Kopf nach oben zu drehen, –da einiges schon mehrmals erzählt wurde….
Doch WIE eine Geschichte erzählt wird, ist oft viel Interessanter als der Inhalt selbst.
Mit sehr viel Selbstironie berichtete er vom „Koller Hansi“ und seinem pubertierenden Scheitern an den komplizierten Dingen einer Jugend in der Nachkriegszeit. Er hatte nie ein Problem damit sich selbst über sich lustig zu machen und alle seine Geschichten endeten Selbstkritisch gewürzt mit viel Humor. Wegweiser sein, durch die Geschichten die wir erzählen.
Bei einer Auslandsfahrt quer durch Europa wird am ersten Tag an einem Campingplatz übernachtet. In der Nähe findet ein Zeltfest statt. Besonders die jungen weiblichen Teilnehmerinnen verspüren ein großes Verlangen dieses zu besuchen. Nicht ganz unbegründet erwarten sie Widerstand und haben sich eine ganze Menge an Argumenten pro Zeltfest überlegt. Ja, ja ihr könnt schon gehen war die überraschende Antwort. Aber bitte rechtzeitig zurück sein denn wenn ihr heute aufs Zeltfest geht, fahren wir Morgen zeitig in der Früh, wieder zurück nach Ebreichsdorf und ihr könnt euren Eltern erklären warum. Am nächsten Morgen ging die Fahrt durch Europa weiter, der Zeltfestbesuch hat nicht stattgefunden. Wegweiser sein durch die Art und Weise wie wir mit den Menschen umgehen.
Er hatte es manchmal nicht einfach mit uns und wir oft nicht mit ihm. Natürlich war er kein einfacher Mensch, wie denn auch bei so viel Fähigkeit, Talent und Kreativität. Er war nie Masse, er schwamm nicht mit dem Strom, da musste man schon auf einiges gefasst sein. Und sein Schritt war kein langsamer. Er setzte eine Unzahl an Aktivitäten und nur wer nichts macht, macht bekanntlich keine Fehler.
Landesführertagung der NÖ Pfadfinder in Ottenstein. Verschiedenen Themen stehen am Programm. Zu jedem Punkt soll
eine 30 minütige Einheit am Ende des Tages angeboten werden..
Auch wie man die Pfadfindererprobungen spielerischer einfacher umsetzen kann. Das Thema stößt auf großes Interesse, man tut sich offensichtlich schwer damit, auch die bemühten Vortragenden bringen wenig Erhellendes. Umso größer die Enttäuschung als bekannt wird, dass es zum Thema Erprobungsspiele keine Einheit geben wird. Das Problem: Es hat sich niemand gefunden der das vorbereiten konnte. Allgemeines Murren, ganz hinten winkt jemand. Ach ja, bitte Naz, du willst etwas dazu sagen? Kein Problem tönt es vollmundig – das macht die Gruppe Ebreichsdorf. Super, danke Naz für „eure“ Bereitschaft. Als nächstes gibt es Nachtmahlessen und dann geht’s gleich los…reicht euch das als Ähh…Vorbereitungszeit…Selbstverständlich!!!!
Applaus von allen nur nicht von den geschockten Ebreichsdorfern. Auf die Frage, was das soll, meint er nur lakonisch ihr werdet doch jeder 3-4 Beispiele aus dem Arm schütteln, 5 Leute sind wir, das sind 20 Sachen 30 Minuten haben wir wo liegt das Problem? Nachsatz: Wenn’s das nicht könnt’s seit ihr da eh falsch.
Die Einheit dauerte keine 30 Minuten, sie dauerte mehr als 2 Stunden, denn viele der Teilnehmer -motiviert durch das Beispiel- erinnerten sich, dass auch sie etwas aus dem Arm zu schütteln hatten. Ein vergnügliches voneinander Lernen war das mit Begeisterung aufgenommene Ergebnis.
Wegweiser sein durch die Art und Weise wie wir Probleme lösen.
Pfadfinder sein ist kein Hobby, Pfadfinder sein ist eine Lebenseinstellung!
Diese markante Aussage ist mir von ihm besonders in Erinnerung geblieben. Unser Pfadfinderversprechen gilt das ganze Leben. Nicht nur die Zeit wo wir in einer Gruppe aktiv sind. Die tägliche Gute Tat hat die Eigenschaft das sie Gut sein muss, und das vor allem täglich. Wenn jeder Mensch auf Erden oder zumindest jeder Mensch mit Pfadfinderversprechen sich an das einfache, oft belächelte, Gebot der „guten Tat“ halten würde, wer wolle da bezweifeln das unsere Welt eine bessere wäre…. Ein Hobby, so führte er dann meistens aus, ist Briefmarkensammeln. Die kann ich mir, wann immer ich will, ansehen, oder neu sortieren und wenn ich nicht mehr will, gebe ich das Album in’s Regal zurück und hab keine weitere Verpflichtung mehr.
Wie wahr!
Natürlich scheitern wir alle immer und immer wieder an uns selbst und versagen somit an unseren Idealvorstellungen. Die Tägliche Gute Tat aber erinnert uns, das Bemühen darüber nicht aufzugeben. Pfadfinder sein ist kein Hobby, Pfadfinder sein ist eine Lebenseinstellung! Wegweiser sein heißt das Wesentliche nicht vergessen.
Vieles könnte man noch anführen, seine Aktivitäten in Rumänien, die Ferienlager und karitativen Aktionen für Waisenkinder über mehrere Jahre. Sein Engagement in der Gruppe Trumau, die Ausbildungskurse für den Landesverband, und, und, und …
Für mich ist jedenfalls sicher, dass er in vielen Pfadfinder Bereichen mehr als nur seine Pflicht erfüllt hat. Ebreichsdorf hat er 1977 mit der Gründung der Pfadfindergruppe unter seiner Leitung nachhaltig verbessert. Und so können wir die Worte unseres Gründers Baden-Powell getrost auf ihn anwenden, der in einem seiner berühmtesten Zitate sagte: Wenn es dir gelingt diese Welt ein bisschen besser zu verlassen als du sie vorgefunden hast, hast du den Sinn deines Lebens erfüllt!
Da er sein ganzes Leben auch den Weg zu Gott suchte, dürfen wir darauf vertrauen, dass dieses
Gut Pfad!
Kein letztes ist.
Peter Kafka